Workshop »Stätten der NS-Zwangsarbeit in Nordböhmen und Sachsen« in Ústí nad Labem
Am 5. Oktober 2024 lud die Jan-Evangelista-Purkyně-Universität Ústí nad Labem zum Vernetzungstreffen »Stätten der NS-Zwangsarbeit in Nordböhmen und Sachsen« nach Ústí nad Labem ein.
Am 5. Oktober 2024 luden die Jan-Evangelista-Purkyně-Universität Ústí nad Labem, das Archäologische Institut der Akademie der Wissenschaften der Tschechischen Republik in Prag, die Stiftung Sächsische Gedenkstätten, die sächsische Landesarbeitsgemeinschaft Auseinandersetzung mit dem Nationalsozialismus, die Gedenkstätte für Zwangsarbeit Leipzig und das Hannah-Arendt-Institut für Totalitarismusforschung in Zusammenarbeit mit dem Landesamt für Archäologie und dem Landesamt für Denkmalpflege Sachsen zum Vernetzungstreffen »Stätten der NS-Zwangsarbeit in Nordböhmen und Sachsen« nach Ústí nad Labem ein. Gastgeber des Treffens ist die Universität Ústí nad Labem in Nordböhmen.
Nationalsozialistische Zwangsarbeit war ein Massenphänomen, allgegenwärtig und alltäglich sichtbar. In Sachsen gab es zwischen 1939 und 1945 bis zu 500.000 Menschen, die in Industrie, Handwerk und Landwirtschaft zur Arbeit gezwungen wurden und die Wirtschaft des Dritten Reiches in Gang hielten. Untergebracht waren sie in Barackenlagern oder auch in Gebäuden wie Fabrikhallen, Gaststätten, Schulen oder Turnhallen. Seit 1938 bildeten Sachsen und Nordböhmen einen zusammenhängenden Wirtschaftsraum, in dem durch die Verlagerung der Rüstungsindustrie seit 1944 auch immer mehr KZ-Häftlinge eingesetzt wurden. Außenlager des KZ Flossenbürg entstanden deshalb auf beiden Seiten der heutigen Grenze.
Ziel des Workshops war es, die grenzüberschreitenden Kontakte zwischen Sachsen und Nordböhmen zu vertiefen. Diese Regionen sind zwar durch das Erzgebirgsmassiv getrennt, waren aber während der NS-Zeit seit 1938 wirtschaftlich eng verflochten. Der Reichtum an Bodenschätzen sowie die Verlagerung von Rüstungsbetrieben führte im Laufe des Zweiten Weltkriegs auf beiden Seiten zu einer Ausweitung erzwungener Arbeit und zu einem Ausbau des Lagersystems, an dem in Böhmen nach dem Zweiten Weltkrieg angeknüpft wurde. An dem Workshop nahmen deutsche wie tschechische Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, in der Denkmalpflege Tätige sowie zivilgesellschaftliche Akteurinnen und Akteure teil, die sich seit langem mit diesem Thema im Erzgebirge befassen. Vorträge und Poster boten einen Überblick über den Stand der Erforschung, Erfassung und Musealisierung von NS-Zwangslagern sowie deren Nachnutzung nach dem Zweiten Weltkrieg insbesondere in der Erzgebirgsregion. Am Rande der Veranstaltung bestanden vielfältige Möglichkeiten zu persönlichem Austausch und fachlichem Gespräch. Im Anschluss fand eine gemeinsame Exkursion nach Rabštejn (Rabenstein) statt, wo Häftlinge eines Außenlagers des KZ Flossenbürg zum Bau von Stollenanlagen im Sandsteingebirge und zur Produktion von Flugzeugteilen für die Firma Weserflug GmbH herangezogen wurden. Dort wurde u. a. einer der ersten Hubschrauber des Typs Focke-Angelis Fa-223 hergestellt. Dem Ziel der Veranstaltung, die bilaterale Partnerschaft weiter zu vertiefen und zu einer grenzübergreifenden Zusammenarbeit auszubauen, sind die Teilnehmer dabei ein gutes Stück nähergekommen.
Dieser Beitrag wurde unter Verwendung eines Berichtes von Annemarie Reck, Landesamt für Archäologie Sachsen verfasst.